Samstag, 10. Mai 2025, 9:00 – 13:00 Uhr
Catherine Muller: Freud und Napoleon: der Geschwisterkomplex
Wie Freud auf das eingeht, was er in seinem Werk nur ein einziges Mal „den Geschwisterkomplex“ nennen wird, ist das Thema dieses Vortrags von Catherine Muller („Über einige Mechanismen bei Eifersucht, Paranoia und Homosexualität“, Freud GW Bd. XIII, 1922).
Doch mehr noch als die greifbaren Schriften, sind es die in Freuds Deutung des Geschwisterkomplexes von Napoleon auftauchenden Auslassungen, Widersprüche und Verwirrungen, die die französische Psychoanalytikerin anspornte, ein Buch zu schreiben: „Freud et Napoléon. Le complexe fraternel“ (Freud und Napoleon. Der Geschwisterkomplex), im Verlag Campagne Première, 2022. Prix Oedipe 2023.
Diese Interpretation hatte Freud schon zum Ausdruck gebracht, die Lektüre von Thomas Manns „Joseph und seine Brüder“ belebte diese wieder. In einem Brief an den Schriftsteller (1936), flicht er die biografischen Elemente Napoleons, sein fantastisches Leben und die biblische Erzählung von Joseph zusammen, um das zu bilden, was er als Napoleons „Joseph-Komplex“ bezeichnet. Catherine Muller deckt auch die Auswirkungen des Vornamens Joseph auf Freud sowie seine eigenen Verstrickungen in dem Geschwisterkomplex auf.
Moderation: Martine Gardeux und Bernhard Schwaiger
Patrick Guyomard: Jacques Lacan und Jean Laplanche
Der französische Psychoanalytiker und Philosoph Patrick Guyomard hat sich intensiv mit Gemeinsamkeiten und Gegensätzen zwischen Jean Laplanche und Jacques Lacan beschäftigt. Am 4. September 2024 erscheint unter der Leitung von Jacques André und Patrick Guyomard das Buch „Jean Laplanche. De Lacan à Freud“, im Verlag Presses Universitaires de France (PUF).
Die Tatsache, dass in Deutschland die Rezeption Lacans oft über die Texte Laplanches erfolgt, gibt uns hier zu denken. Der angestrebte Gewinn besteht offenbar darin, Lacan schneller und leichter zu verstehen. Aber wie groß ist dadurch die Gefahr, dass Lacans Denken verzerrt wird?
Moderation: Bernhard Schwaiger
Anmeldung: Daria Lebedeva: kontakt@freud-lacan-berlin.de
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Catherine Muller ist Psychoanalytikerin und hat einen Abschluss in Philosophie und Psychologie. Sie verfügt über langjährigen Erfahrungen in der psychoanalytischen Praxis mit Analytikern verschiedener psychoanalytischer Vereinigungen. Sie absolvierte ihre Ausbildung bei Jacques Lacan in der École freudienne de Paris. Nach deren Auflösung beteiligte sie sich an der Gründung der Cartels Constituants de l’Analyse freudienne (Kartells als Bestandteile der Freudschen Analyse), während sie ihre klinische Tätigkeit in der Psychiatrie fortsetzte, die sie mit Henri Ey in Bonneval begonnen hatte, dann arbeitete sie in einem Sektor der Erwachsenenpsychiatrie und bei Kindern und Jugendlichen in Schwierigkeiten. Derzeit ist sie Mitglied der Société de psychanalyse freudienne (SPF)/(Gesellschaft für Freudsche Psychoanalyse), deren Vizepräsidentin sie war. Sie kannte Lacan persönlich, korrespondierte und arbeitete mit ihm und machte eine Supervision bei ihm.
Neben zahlreichen Artikeln ist sie Autorin von:
- L’énigme, une passion freudienne (Érès, 2004) : Das Rätsel, eine freudianische Leidenschaft;
- Freud et le transfert (Campagne Première, 2021) : Freud und die Übertragung;
- Freud et Napoléon. Le complexe fraternel (Campagne Première, 2022. Prix Œdipe 2023) : Freud und Napoleon. Der Geschwisterkomplex.
Patrick Guyomard ist Psychoanalytiker in Paris und Präsident der Société de psychanalyse freudienne (SPF)/Gesellschaft für Freudsche Psychoanalyse, gegründet nach der Auflösung 1994 des Centre de formation et de recherches psychanalytiques (CFRP)/Zentrum für psychoanalytische Ausbildung und Forschung, das unser Gast 1982 zusammen mit Octave und Maud Manoni gründete. Zweck der SPF ist die Vermittlung der Psychoanalyse und die Ausbildung von Psychoanalytikern. Patrick Guyomard ist außerdem Professor an der Universität Paris Diderot, er ist Philosoph und ehemaliger Schüler der berühmten École normale supérieure (École de la rue d’Ulm).
Aus seinen zahlreichen Seminaren und Artikeln sollen hier drei Bücher erwähnt werden:
- La jouissance du tragique. Antigone, Lacan et le désir de l’analyste (Paris, Aubier, 1992) : Das Genießen des Tragischen. Antigone, Lacan und das Begehren des Analytikers;
- Le désir d’éthique (Paris, Aubier, 1998) : Das Begehren nach Ethik;
- (Direction) Lacan et le contre-transfert (Paris, Presses Universitaires de France, 2011) : (Richtung) Lacan und die Gegenübertragung.